Eine kleine Veränderung an einer Staatsspitze, ein großer Effekt in der Welt.
„Wenn Trump gewinnt, ziehe ich nach Deutschland.“
Das haben mir ein paar befreundete Amerikaner vor der verhängnisvollen Wahl gesagt. Nun muss ich wohl noch ein paar Gästebetten aufstellen, denn die Hysterie ist groß. Im Nachklang der US-Wahl herrscht geradezu eine apokalyptische Stimmung.
Dabei glaube ich nicht einmal, dass die Amerikaner „Trump“ gewählt haben. Sie haben sich vielmehr für „nicht Clinton“ entschieden.
Der Wunsch nach Veränderung – nichts Neues
Hillary Clinton steht für etwas, das es schon einmal gab: ein Schritt zurück in die alte politische Klasse. Dass die Amerikaner das nicht wollen, hat sich schon im Wahlkampf gezeigt. Die USA gieren nach Veränderung.
Das war schon so, lange bevor Donald Trump die politische Weltbühne betrat. Schon die erste Wahl Barack Obamas war von diesem Wunsch nach Veränderung geprägt. Der erste schwarze Präsident, noch dazu ein Demokrat – das schrie geradezu nach Neuerungen. Faktisch konnte Obama dann allerdings nicht viel durchsetzen, wenn Sie einmal von Obamacare absehen. Die Amerikaner waren enttäuscht.
Vielleicht war das schon der erste Schritt hin zu Trump: Die amerikanische Bevölkerung hatte das Vertrauen verloren, dass wirkliche Veränderung stattfinden würde.
Verlorenes Vertrauen
Nun ist Donald Trump in seinem Ungestüm nicht unbedingt der Typ, den ich mir als US-Präsident wünschen würde. Aber auf eines können seine Wähler wohl vertrauen: darauf, dass sie ihm nicht vertrauen können.
Das klingt nicht sonderlich beruhigend? Das ist es auch nicht. Aber damit trägt Trump im Kern seiner Person, was die Bevölkerung sich wünscht: das Potenzial zur Veränderung. Dass er dabei seine Mängel offen vor sich herträgt, ist letztlich auch eine Form von Transparenz. Damit zeigt er, dass er keinesfalls dem verhassten Establishment angehört – und der Veränderung somit nichts im Wege steht.
Ich denke, es ist das Vertrauen auf diese Veränderung, das viele Amerikaner ihr Kreuz neben Trumps Namen setzen ließ – ähnlich wie viele Briten vor nicht allzu langer Zeit für den Brexit stimmten, weil sie ihr Vertrauen in die Veränderungsfähigkeit Europas verloren hatten. Im Rückblick auf die letzten Monate denke ich, sie hatten Recht. Auch mein Vertrauen schwindet massiv, wenn ich mir ansehe, was die einzelnen Regierungen der europäischen Länder machen. Sie sprechen nach wie vor nicht über die essenziellen strukturellen Probleme der EU. Damit schießen sie faktisch am Ziel vorbei.
Keine Angst vorm bösen Trump
Der Wunsch nach Veränderung wird früher oder später auch in Europa ankommen. Deshalb hoffe ich, dass Europa aus Trump und dem Brexit lernt. Dass es in wichtigen Kernfragen eine echte Veränderung anstrebt. Dass der Kampf von Jedem gegen Jeden aufhört und der Blick stärker auf die Gemeinsamkeiten gerichtet wird.
Denn nur diese Veränderung wird Europa davor bewahren, dass ein Slogan wie „Make America Great Again“ auch hier auf fruchtbaren, nostalgieverklärten Boden fällt.
Und bis dahin möchte ich Ihnen nur noch sagen: Die Hysterie um Trump teile ich nicht. Die Wirtschaft wird ihn früh genug erziehen. Wenn er irgendeine Veränderung herbeiführen möchte, muss er stark sein. Und da gelten für den Präsidenten der USA die gleichen Spielregeln wie für jede Firma: Wer nur auf seinen Eigennutzen sieht, wird zugrunde gehen. Und wer erfolgreich sein will, muss einen wirtschaftlichen Nutzen erzeugen.